Samstag, 5. Januar 2019

Die Liebe, die Wissenschaft und Max Delbrück

Wie fühlt es sich an, einen genialen Wissenschaftler zum Freund zu haben?

Der Konstanzer Wissenschaftshistoriker Ernst Peter Fischer (geb. 1947) (Wiki) hat die bis heute ausführlichste und gelungenste Biographie über den deutsch-amerikanischen Biophysiker und Nobelpreisträger Max Delbrück (1906-1981) (Wiki) geschrieben. In der Erstauflage trug sie den Titel "Licht und Leben" (1). Bei dieser Biographie handelt es sich um ein hinreißendes Buch. Der Geist zweier Generationen von Wissenschaftlern, die im Leben von Max Delbrück eine Rolle gespielt haben - sowohl jener Generation, durch die Max Delbrück angeregt worden ist (Niels Bohr etwa) oder jene Generation, die von Max Delbrück angeregt worden ist - beides findet sich in diesem Buch wieder.

Der Öffentlichkeit ist Ernst Peter Fischer nach der Veröffentlichung dieser Biographie bis heute durch viele weitere Bücher und Vorträge bekannt geworden. Viele Vorträge und Interviews von ihm finden sich auch in Videoform im Internet. Ein Interview aus dem Jahr 2018 mag man nicht zuletzt auch deshalb als wichtig empfinden, weil darin - in den Minuten 14'35 bis 19'48 - davon die Rede ist, daß Max Delbrück als letzte Bemerkung vor seinem Tod an seinen Biografen noch die Frage gerichtet hatte (2):

Wie kannst du es wagen, mein Leben zu beschreiben, wenn du nichts über mein Sex-Leben weißt?

Im Anschluß an das Erzählen dieser Frage bringt Fischer gleich als Beispiel Werner Heisenberg, und daß ein Biograph bei Heisenberg genug zu tun hätte, dessen Wissenschaft zu beschreiben. Doch gerade auch der Fall Heisenberg könnte ebenso gut deutlich machen, wie sehr Max Delbrück mit seiner Bemerkung ins Schwarze getroffen hatte. Denn auch für Heisenberg war - wie wir heute wissen (3) - die erste große, unerfüllte Liebe in seinen Leben für viele Jahre ein sehr bedeutender Lebensinhalt. Er war ihm wichtiger als der Nobelpreis, den er in derselben Zeit erhalten hat. Heisenberg gab in dieser Zeit sogar zum Ausdruck, daß sein ganzes Leben scheitern könne, wenn er bezüglich dieser unerfüllten Liebe nicht zu einer gelungenen Lösung finden würde (3).

Mit wie viel Lebensernst Heisenberg über solche Fragen dachte, geht deutlich genug aus dem sich über viele Jahre hinweg erstreckenden Briefen an seine Eltern hervor (3). Deshalb wird diese Frage von Max Delbrück natürlich auch nicht "die Schnappsidee eines alten Mannes, der stirbt" sein - wie das Ernst Peter Fischer so unernst charakterisiert. Sondern es handelt sich ja schließlich um das menschlichste Thema, das es überhaupt gibt. Es handelt sich um jenes Thema, das uns Menschen erst zu Menschen macht.

Fischer hat nun aber tatsächlich "gewagt", seine Biographie über Max Delbrück zu schreiben, ohne auf dieses Thema Bezug zu nehmen, ohne auf dasselbe einzugehen (1). Und diese Biographie hat nun auch in der Tat aufregende Inhalte genug, als daß es der Behandlung dieses Themas noch zusätzlich bedurft hätte, um sie zu einer aufregenden zu machen. Allerdings hatte der Leser schon bei der ersten Lektüre derselben das Gefühl, daß er mehr wissen können sollte und daß er gerne mehr wissen würde über die Beziehungen von Max Delbrück zu jenen Frauen, die in seinem Leben eine Rolle gespielt haben.

Wenn man aber nun noch zusätzlich erfährt, daß Max Delbrück sogar in dieser Weise eine klare Anregung gegeben hatte, noch dazu kurz vor seinem Tod, so bedauert man es um so mehr, daß sich Fischer auf dieses "Wagnis" eingelassen hat. Die ersten Andeutungen allerdings, die Fischer dann gibt - hinsichtlich des fröhlichen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens in Cold Spring Harbour - sind dann viel zu ungenügend, um aus diesen irgendwelche Schlußfolgerungen ziehen zu können.

James Watson hat in Erinnerungen (4) und Büchern wie "Genes, Girls and Gamov" (5) - vielleicht auch in anderen wie etwa in "Avoid Boring People" - zu diesen Dingen ja ebenfalls schon Andeutungen gegeben, wertvolle Andeutungen. Letzteres ist dem flapsigen Titel des genannten Buches nicht unbedingt anzumerken.

Vom August 1965 bis Dezember 1966 war mein Onkel, der vormalige Konstanzer Biophysiker Gerold Adam (1933-1966) (Wiki), Mitarbeiter von Max Delbrück in Pasadena. Diese Zeit in Kalifornien hat ihn sehr maßgeblich geprägt. Bis zum Tod von Max Delbrück blieb Gerold mit Max in freundschaftlicher Verbindung und im regen Austausch von Briefen. Gerold hatte auch eine Professur erhalten an der - unter maßgeblicher Mithilfe von Max Delbrück gegründeten - Forschungsuniversität Konstanz.

"Du bist Ishi!" (1967)

Mit Hilfe des Briefwechsels zwischen Gerold und Max Delbrück sowie mit Hilfe dessen, was Gerold darüber zu Lebzeiten erzählt hat, können die von Ernst Peter Fischer angesprochenen Fragen noch eine zusätzliche Erläuterung und Veranschaulichung erhalten. Gerold hat erzählt, daß Manny und Max Delbrück während seines Aufenthaltes in Pasadena immer wieder versucht haben, ihn mit jungen Frauen zusammen zu bringen. Denn sie waren der Meinung, es würde ihm gut tun, verheiratet zu sein. Zu diesem Zweck wurden junge Frauen zu gemeinsamen Essen eingeladen. Gerold erzählte, daß Manny und Max Delbrück ihm zum Abschied die damals ganz neu erschienene Biographie über Ishi (Wiki), den berühmten, letzten frei lebenden Indianer Kaliforniens, geschenkt hätten, benannt "Ishi in two worlds" (6). Manny habe in diesem Zusammenhang zu Gerold gesagt: "Du bist Ishi!" Gerold hat auch wiederholt gerne von Ishi selbst erzählt. Ishi ist als letzter Überlebender seiners Stammes auf Angebote von jungen, weißen Frauen, mit ihm Kinder zu haben, nicht eingegangen. Gerolds Unterton war, daß er sich tatsächlich oft selbst als ein solcher "Letzter seines Stammes" fühlte und - wie die Aussage von Manny andeutet - auch von damaligen Freunden so wahrgenommen worden ist.

Gerold ist dann im Dezember 1966 von Pasadena aus - über Island - nach Marburg an seine Heimat-Universität zurück gekehrt (nach fünfjährigem Auslandsaufenthalt). Um die warmherzige Art zu charakterisieren, die Max dann zeitlebens gegenüber Gerold innehielt, sei hier zitiert, was Max gleich nach der Abreise an Gerold schrieb: 

Prost Neujahr! Ich hoffe, daß du nicht auf Island stecken geblieben bist. Ich hatte noch versucht, Dich am Huntington Hotel zu treffen, um Dir Brecht's "Kalendergeschichten" als Reiselektüre mitzugeben. Leider kam ich erst in dem Augenblick an, als Dein Bus schon losfuhr. Zu viel Party letzte Nacht! Alles ist nun sehr ruhig in den Phyco- und Phage-Laboren. M.
Original: Prosit Neujahr! Hope you did not get stuck in Iceland. Tried to see you off at Huntington Hotel and give you Brecht's „Kalendergeschichten“ as Reiselektüre but got there just as your bus pulled out. Too much party in the night before! Now all very quiet in the Phyco and Phage labs. M.
Der Abschied von Gerold war - wie man an diesen Worten erkennen kann - ausgiebig gefeiert worden. Man erhält hier Anregung, einmal in die Kalendergeschichten von Bertolt Brecht (Wiki) hinein zu schauen, die 1949 erschienen sind. Am 27. Januar 1967 beendete Max einen längeren Brief an Gerold mit den Worten: 
Wir alle vermissen Dich. Ich vor allem. M.
We all miss you. I especially. M.
Auch der damals junge Biologe Martin Heisenberg (Sohn von Werner Heisenberg), der damals noch länger bei Max Delbrück blieb, stand kurzzeitig mit Gerold im Briefwechsel. Am 11. März 1967 schrieb Max in einem Brief an Gerold in Marburg etwa auch: 
Lieber Gerold, wie umständlich, einen langen Briefe schreiben zu müssen, anstatt einfach runter in die Halle zu zuckeln, um dort die Dinge durchzusprechen.
Dear Gerold: What a nuisance it is to have to write a long letter to you rather than trotting down the hall and talking things over.
Der Briefwechsel enthält dann natürlich viel "schwere Kost", nämlich wissenschaftliche Erörterungen im Bereich der theoretischen Biologie und auch Erörterungen darüber, wo Gerold seine wissenschaftliche Laufbahn weiter führen könne. Das kann andernorts noch einmal ausführlicher dokumentiert werden. Es sollen hier nur noch die Ausschnitte zitiert werden, die Bezug haben zu den von Ernst Peter Fischer in seinem Interview aufgeworfenen Fragen. Am 14. April 1967 schrieb Manny an Gerold: 
Lieber Gerry, (...) ich bin froh, daß Du "Ishi" bekommen hast und mit ebenso viel Sympathie für seine Persönlichkeit gelesen hast wie ich schon fest erwartet hatte.
Dear Gerry, (...) I am glad, you received and read "Ischi" with as much sympathy as I counted on you to feel for this personality.

Damit wird deutlich, daß über Ishi schon vor der Abreise von Gerold gesprochen worden war. Manny hatte Gerold das Buch nachgeschickt.

"Was macht dein Liebesleben?" (1968)

Ein Jahr später, am 26. Juni 1968, schrieb Manny aus dem vom Sommersturm umbrausten Cold Spring Harbor an Gerold einen vierseitigen Brief. Sie schildert lebhaft und bildhaft das fröhliche, wissenschaftliche und außerwissenschaftliche Leben dort, das ja aus vielen Berichten über Max gut bekannt ist. Unter anderem schreibt sie: 

Gestern Abend hatten wir eine Hummer-Wein-Party. Jim Watson und seine neue, junge Frau waren da und es sieht dem ersten Augenschein nach nach einer glücklichen Zukunft für sie aus. - Deshalb sagt Max, daß auch Du Mut fassen sollst, eines Tages wirst Du auch eine Begleiterin finden, was um so kostbarer sein wird, nachdem Du so lange ohne eine solche gelebt hast.
Last night we had a lobster wine party. Jim Watson and his new young wife were there and from first appearances it looks like a happy future for them - so Max says, you should take heart for one day you too will find a compagnion, the more precious for having gone long without. 
Das sind so schöne, verständnisvolle Worte. Wer wünscht sich nicht solche Freunde? Und - tatsächlich! Nur wenige Wochen später sollte Gerold seine nachmalige Frau kennen lernen. Max wußte davon freilich noch nichts und schrieb am 27. Oktober 1969 an Gerold als handschriftlichen Zusatz zu einem Brief: 
Was macht Dein Liebesleben? Martin hat Dich überholt.
What about your love life? Martin got ahead of you.

Damit wird Martin Heisenberg gemeint sein. Es ist dies die Zeit, in der Max Delbrück den Nobelpreis erhalten hat. Von da an war er von viel Rummel umgeben. Und es ist dies die Zeit, in der Gerold eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Konstanz erhalten hat.

Hochzeit (1969)

Gerold heiratete am 6. Dezember 1969 in Salzburg. Ob er oder Martin Heisenberg nun schneller waren, wäre womöglich noch einmal zu klären. Als Hochzeitsreise fuhr das junge Paar mit dem Auto durch die Pyrenäen nach Spanien. Manny schrieb am 21. Januar 1970 mit sehr viel Anteilnahme: 

Eure Heiratsanzeige und den Bericht von Eurer wunderschönen Reise durch Spanien haben wir erhalten noch bevor wir Euch hatten gratulieren können! Natürlich hofften wir, Euch rund um den Hochzeitstermin herum zu sehen, irgendwann vor unserem nächsten Besuch in Konstanz, wo wir dann hoffen, Deine Frau kennenzulernen. Ich fragte Patty Reau (?) (die jetzt wieder zurück in Pasadena ist und in Max's Labor an ihrem eigenen Phyco-Projekt arbeitet). Sie sagte aber, daß Deine Frau bei ihr in Konstanz niemals aufgetaucht sei.
We have your wedding announcement and the description of your beautiful trip through Spain already came before we got around the congratulations! Of course, we expected you to see around to the wedding sometime before our next visit to Konstanz when we'll look forward meeting your wife. I questioned Patty Reau (?) (who is now back in Pasadena, installed in Max's lab with her own phyco project) but she replied that your wife never did show up in Konstanz to her.
Im weiteren ist noch von dem Hochzeitsgeschenk die Rede. Der Brief schließt mit: 
Seid glücklich miteinander! Eure Manny und Max.
Be happy together! Yours Manny and Max.

Was für eine herzliche Anteilnahme. So viel an dieser Stelle als Ergänzung zu den Andeutungen von Ernst Peter Fischer, ebenso als eine Ergänzung natürlich zu den wissenschaftlichen Biographien von Gerold und Max Delbrück.

Übrigens kommt uns, nachdem wir diesen Beitrag einmal wieder nach längerem zeitlichen Abstand durchsehen die Erinnerung an Andeutungen Gerolds dahingehend, daß es von Seiten des weiblichen Teils der Mitarbeiterschaft an der Universität in Konstanz sehr wohl gelegentlich Versuche gab, das ausschließliche Band Gerolds zu seiner Frau als doch nicht so ausschließlich zu erachten. Erfolg sollten sie damit nicht haben.

Dummheiten (1980)

Es soll an dieser Stelle noch auf ein weiteres Interview hingewiesen werden, das in den letzten Jahren zugänglich geworden ist (7). Es handelt such um ein im Jahr 1980 mit Max Delbrück geführtes Gespräch. Das war ein Jahr vor seinem Tod. Max ist deshalb in diesem schon sehr alt. Er antwortet in demselben deshalb vielleicht auch etwas zögerlicher als er das in jüngeren Jahren getan haben wird. Insbesondere anfangs scheint er nach den Worten seiner deutschen Muttersprache zu suchen, die er ja in den USA nicht mehr täglich benutzte.

Aber immer einmal wieder bricht auch in diesem Gespräch sein famoser Humor durch, eine famose, mehr nach innen gekehrte Heiterkeit. Es wird auch deutlich, wie überlegt, wie ernst im Überdenken Max sein konnte, um wie viel Genauigkeit er auch in einzelnen Einschätzungen bemüht war. Als er nach einer etwaigen "preußischen Disziplin" in seinem Elternhaus gefragt wird, verneint er diese zunächst, korrigiert sich dann aber noch einmal: Es wäre vielleicht eine gemäßigte gewesen. Es ist sehr schön zu erleben, wenn Menschen so genau sind.

Spürbar ist auch, wie vieles er unausgesprochen läßt, wie vieles er noch mehr sagen könnte.

Kennzeichnend für ihn ist, daß er mehrmals über Dummheiten redet, die dann erstaunliche Wirkungen zeigten. Die Dummheiten in den Vermutungen von Niels Bohr über Biologie führten dazu, daß er, Delbrück, sich der Biologie zugewandt hat. Sie hatten also eine positive Wirkung. Zuvor hatte seine eigene Dummheit dazu geführt - und auch die von Bohr und anderen - daß die Atomkernspaltung erst im Jahr 1937 entdeckt worden ist und nicht schon drei oder fünf Jahre früher. Ganz richtig sagt Delbrück - aber auch mit jenem überlegenem Abstand, der sich selbst nicht gar so wichtig nimmt, daß sich ohne seine damalige Dummheit die Weltgeschichte doch beträchtlich anders hätte entwickeln können. Er sagt das mit einem so feinen Humor, mit einer so famosen, sanften Heiterkeit.

Vaterfiguren und prägungsähnliches Lernen

Nur allzu offensichtlich ist, daß Gerold einen Menschen wie Max sehr lieben und verehren mußte. Das geht aus mancher Stelle der Briefe zwischen ihnen hervor. Gerold beklagt einmal, daß er in Konstanz niemanden hätte, mit dem er sich so gut unterhalten könne wie mit ihm. Max hatte aber einen außerordentlich großen Freundeskreis. Er kam vielen Aufgaben nach im internationalen Wissenschaftsleben aufgrund seiner großen Bekanntheit. Deutlich ist, daß er für Gerold später nicht mehr so viel Zeit hatte wie Gerold es sich gerne gewünscht hätte.

Mit einem solchen Interview jedoch (7) merkt man, was für eine Gunst des Schicksals - und natürlich auch eigenen Verdienstes - es war, im Leben auf einen solchen Freund wie Max getroffen zu sein. Solche Menschen hat es - vermutlich - schon zu Lebzeiten von Gerold nur noch selten gegeben. Als ich die Biographie "Licht und Leben" einige Jahre nach Gerolds Tod das erste mal las, ging mir erst auf, wieviel an der Art von Gerold auf sein vormaliges Zusammensein mit Max Delbrück zurück zu führen sein könnte. Gerold konnte auch ebenso famos heiter sein wie Max. Und er konnte ähnlich begeisterungsfähig sein wie Max.

Womöglich kann von einer Art prägungsähnlichem Lernen gesprochen werden, das sogar noch an mich - wenigstens ansatzweise - weiter gegeben worden ist, der ich von Gerold sicherlich ebenso stark beeindruckt war, wie Gerold zuvor durch Max. Deshalb ist es für den Autor dieser Zeilen auch immer wieder so bewegend, sich mit all diesen Dingen zu beschäftigen. Womöglich hat Gerold eine bestimmte Art zu sprechen von Max übernommen, eine bestimmte Art zu überlegen, ja, womöglich auch eine bestimmte Art zu lachen. Was für eine glänzende Zeit muß das damals gewesen sein in Pasadena.

Auch hat man das Gefühl, daß Delbrück in dem obigen Interview oft darum bemüht ist, seinen Humor nicht zu sehr durchbrechen zu lassen. Denn er wird da ja doch von einem so durch und durch steifen, trockenen Gesprächspartner interviewt. Der ist ja auch wirklich schon überraschend trocken. Und das konnte eigentlich schon ein Unterhaltungswert für sich sein für Max. Dieser Gesprächspartner ist ja fast eine lebende Karikatur. Aber das durfte Delbrück natürlich nicht zum Ausdruck bringen. Dennoch fragt man sich beim Ansehen ständig - und Delbrück wollte scheinbar diesen Eindruck auch nicht völlig verwischen: Sollten zwei so unterschiedliche Menschen wie diese beiden einander wirklich etwas zu sagen haben?

Interessant auch, wie Delbrück in dem Interview die Zeit in der Atomphysik in Göttingen nach 1925 charakterisiert. Wenn man es recht versteht, hat womöglich Max Delbrück vieles an seiner persönlichen Art von wiederum seiner eigenen Vaterfigur übenommen, als die er ja in diesem Interview so klar und deutlich Niels Bohr charakterisiert.

Was für eine Zeit, was für ein Leben. All diesen Reichtum hat Gerold an all jene, die ihn enger persönlich kannten, in vollem Ausmaß weiter gegeben. Hoffentlich wuchern wir alle genügend damit.


/ erweitert 5.1.2018;
neu  formuliert 14.3.2020;
überarbeitet 14.7.22 /
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  1. Fischer, Peter: Licht und Leben. Ein Bericht über Max Delbrück, den Wegbereiter der Molekularbiologie. Universitätsverlag, Konstanz 1985 [Konstanzer Bibliothek, Bd. 2] (= Das Atom der Biologen. Max Delbrück und der Ursprung der Molekulargenetik. Piper-Verlag, München 1988)
  2. Helmut Fink: Fischer • Podcast-Gespräch • Verzauberung oder Entzauberung? Kortizes, 19.12.2018, https://youtu.be/hs9nwJuPpEs 
  3. Bading, Ingo: Werner Heisenberg - Seine erste große unerfüllte Liebe, 10. Januar 2019, https://fuerkultur.blogspot.com/2019/01/werner-heisenberg-und-seine-liebe-zu.html 
  4. Watson, J. D.: Growing Up in the Phage Group. In: Cairns, J.; Stent, G.S.; Watson, J.D. (eds.): Phage and the Origins of Molecular Biology. New York 1966; Expanded Edition. Cold Spring Harbor Laboratory Press 1992, S. 239-245 (Deutsch: Phagen und die Entwicklung der Molekularbiologie. Festschrift für Max Delbrück zum 60. Geburtstag. Berlin (Ost) 1972)
  5. Watson, James D.: Gene, Girls und Gamow. (After the Double Helix, engl. 2001) Piper-Verlag, München 2003
  6. Kroeber, Theodora: Ishi in two worlds. A biography of the last wild Indian in North America. 1961, viele Folgeauflagen; deutsch: Der Mann, der aus der Steinzeit kam (1967) 
  7. Zeugen des Jahrhunderts. Max Delbrück im Gespräch mit Peter von Zahn. 1980, https://youtu.be/ynobDNSnMKc
  8. Bading, Ingo: http://studgendeutsch.blogspot.de/2007/11/die-pipette-ist-meine-klarinette.html
  9. Detlev Ganten über Max Delbrück. Videokanal des Max Delbrück Centrum, 24.03.2016, https://youtu.be/ZdAYHrOJ7aQ
  10. Göldenboog, Christian: Das Loch im Walfisch. Die Philosophie der Biologie. Klett-Cotta, Stuttgart 2003 (Lizenzausgabe für die Wissenschaftliche Buchgesellschaft)